Freitag, Juli 13, 2007

Pressekonfrenz als Werbebühne

Zur Abwechslung einmal eine Begebenheit, die mehr als diese Notiz nicht wert ist, wenn sie ein Einzelfall ist. Vielleicht mutieren aber mehr als nur diese Pressekonferenz heute zu Werbeveranstaltungen, die kaum relevante Information für journalistische Berichterstattung liefern und dennoch medialen Niederschlag finden?

Was also geschah an diesem Freitag, dem 13. Juli 2007? Die Telekom Austria, ehemaliger Telefon-Monopolist und immer noch größter Festnetzanbieter lud zur Pressekonferenz, um den Start seiner Fernsehplattform aonDigital TV in Salzburg vorzustellen. Das klang interssant: In Salzburg ist ein großer Kabelfernsehbetreiber Marktführer, zusammen mit DVB-S und DVB-T ist der Fernsehmarkt geordnet. Nun bricht ein neuer Anbieter mit attraktiven Inhalten - neben den klassischen Fernsehprogrammmen sind auch Video-on-Demand-Services verfügbar - und Kampfpreis - ab € 9.90 pro Monat - in diesen Markt ein. Zusammen mit dem Vorwissen, dass TelCos die Notwendigkeit haben, neue Geschäftsfelder zu erschließen, weil im Kerngeschäft kein aureichender Profit mehr zu machen ist ...

Ja, all dies hätte eine interessante journalistische Geschichte ergeben, wenn nicht ... ja, wenn die Pressekonferenz sich nicht auf Werbung für das Produkt beschränkt hätte. Es war nicht zu erfahren, welche konkreten Ziele sich die Telekom für ihr Engagement in Salzburg gesetzt hat, wieviele Kunden gewonnen werden sollen, woher die Kunden kommen sollen; nicht einmal die konkrete Zahl der aonDigital-TV-Kunden in Wien war zu erfahren, wo das Angebot bereits seit einem drei Viertel Jahr angeboten wird.

Gut, keine Berichterstattung im ORF Salzburg; ein drei Viertel Stunde für die Katz abgearbeitet. Immerhin, der Ärger bleibt klein, wenn diese als Werbeveranstaltung getarnte Pressekonferenz ein Einzelfall bleibt, den die Öffentlichkeitsarbeit der Telekom zu verantworten hat.

Sollte es aber kein Einzelfall sein, sondern ein Trend, dann ... nein, auch dann ist der Ärger nicht groß; aber die Befürchtung, dass der Journalismus wieder ein Stück zurückgedrängt wird. Die Berichterstattung in den Salzburger Medien in den kommenden Tagen werden hoffentlich ein wenig Aufschluss geben, ob Werbung und Marketing schon unverhohlen den Weg in die redaktionellen Inhalte finden oder solche Pressetermine in der Berichterstattung doch noch ignoriert werden.

Sonntag, Juni 24, 2007

Die falsche Schlussfolgerung

Was bedroht den Qualitätsjournalismus? Das wird in diesen Tagen vielerorts diskutiert (auch ich werde, wie bei den meisten dieser Diskussionen, den Begriff "Qualitätsjournalismus" einfach so stehen lassen, als würden wir uns alle einig sein, was darunter zu verstehen ist ...).

Die Bedrohung für den Qualitätsjournalismus wird also landauf landab diskutiert, so geschehen auch am 6. Juni 2007 in einem Meinungsaustausch über Online-Journalismus beim Media Coffee der dpa-Tochter News Aktuell; unter dem Titel "Edelfedern auch im Online-Zeitalter" berichtete DWDL.de darüber. Über die Auswirkungen des Online-Journalismus steht zu lesen:

"Auch Kuno Haberbusch, Leiter des NDR-Medienmagazins 'Zapp', sieht die Gefahr, dass der investigative Journalismus auf der Strecke zu bleiben drohe. 'Die neue Journalisten-Generation ist mit dem Internet aufgewachsen, die Anforderungen haben sich geändert. Mindeststandards für den Beruf muss es aber weiterhin geben', so Haberbusch."

Das Internet ist in diesem Fall wohl der falsche Prügelknabe. Denn die Mindeststandards für Qualitätsjournalismus werden von vielen Online-Journalisten ja nicht deswegen missachtet, weil sie fürs Internet schreiben. Vielmehr sind es die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Redaktionen, die dazu führen. In Ihrer Studie über Nachrichten-Sites im Internet fassen Steffen Range und Roland Schweins diese Rahmenbedingungen in mehreren Thesen so zusamen:
  • "Nachrichten werden im Web nicht nach Wichtigkeit und Relevanz ausgewählt, sondern nach Einschaltquote.
  • Daraus resultiert eine Themenselektion und Gestaltung im vorauseilenden Gehorsam, ausgerichtet an den Bedürfnissen von Suchmaschinen und am Massengeschmack – eine antizipierende, opportunistische und liebedienerische Auswahl, die sich auf technisch begleitetes Ausspionieren der Leser stützt.
  • Die Orientierung an Quote und Massengeschmack bewirkt eine Holzschnittartigkeit und Uniformität der Websites, eine Verarmung der journalistischen Stilformen, eine Manipulationder Leser und Inhalte, eine Überrepräsentation seichter und unterhaltender Themen."

Vor allem Mangel an journalistischem Personal in den Onlineredaktionen, der große Arbeitsdruck, hohe Quoten als einzige Messlatte für den Erfolg, der Druck von PR und Marketing auf die Redaktionen und unzureichende Ausbildung gefährden nicht nur den investigativen Journalismus, sondern alle journalistische Arbeit, die als Qualitätsmerkmal ausreichend umfangreiche Recherche für sich in Anspruch nimmt.

Diese Diagnose gilt nicht nur für den Online-Journalismus. Auch die Journalisten in den Redaktionen der klassischen Massenmedien spüren diese Umklammerung, die dem Qualitätsjournalismus immer mehr den Sauerstoff zum Leben nimmt.

Daher sei ZAPP-Macher Haberbusch entgegen gehalten, dass nicht das Internet den investigativen, den Qualitäts-Journalismus überhaupt gefährdet, sondern das "wackelige Fundament, auf dem die finanziellen Grundlagen des Journalismus stehen" (Weischenberg, Malik). Nur wenn die Redaktionen wieder ausreichend mit Geld ausgestattet werden, dann werden die Mindeststandards für den Journalismus, wie Haberbusch sie zurecht fordert, eingehalten werden können.


Freitag, Juni 15, 2007

Zwischen Medienfreiheit und Medienverantwortung

Wir Journalisten rühmen uns gerne, die Kontrollore der Gesellschaft zu sein, vor allem die Kontrollore der Politiker und ihres Handelns. Deswegen schützt die Medienfreiheit die Arbeit der Journalisten, damit sie ihrem öffentlichen Informations- und Kontrollauftrag möglichst ungehindert nachkommen kann. Soweit der Anspruch. Die Realität sieht ganz anders aus: Nachrichten sind Ware; journalistische Qualitätsbegriffe wie Objektivität, Ausgewogenheit, Glaubwürdigkeit und Faktentreue sind Lippenbekenntnisse.

Wo hört die Medienfreiheit auf und wo beginnt die Verantwortung der Medien? Das war eine der Fragestellungen heute beim Symposium "Medienfreiheit, Medienmacht und Persönlichkeitsschutz", das sich das Österreichische Institut für Menschenrechte als Geschenk zu seinem 20. Geburtstag gemacht hat. Universitätsprofessor Dr. Walter Berka thematisierte die Spannung zwischen der Freiheit und der Verantwortung der Medien in seinem Einführungsreferat. Und war sich grundsätzlich mit dem Herausgeber des Falter, Armin Thurnher, einig, der bei der Verleihung eines Preises im Mai 2007 gesagt hatte: "Nicht Zensur oder Terror sind die größten Bedrohungen der Meinungsfreiheit. Es sind die Medien selbst, die sich gefährden. Wenn ihre Gier nach Aufmerksamkeit keine Rücksicht mehr nimmt."

Donnerstag, Juni 14, 2007

Second Life nach dem großen Medienhype?

Umwegrentabilität dürfte eine der Ansprüche sein, die Investoren in Second Life aus der realen Welt importiert haben dürften. So mutet jedenfalls die Aussage von Hotelier Wolfgang Burgschwaiger heute beim IT-Businesstalk der Landesforschungsgesellschaft Salzburg Research und von nic.at an, er werde das "First Spa Hotel", die virtuelle Filiale seines Wellnesshotels "Übergossene Alm" Ende Juni schließen.

Beflügelt durch Medienberichte, dass in Second Life pro Tag eine Million echte Dollar umgesetzt würden (Angaben, die mittlerweile übrigens bereits wieder bezweifelt werden), ließ sich Hotelier Burgschwaiger vor Monaten die virtuelle Version seines Hotels bauen: Zwei Zimmer zum Preis von je 100 Lindendollar werden angeboten, den Spa-Bereich betreuen User gegen Entlohnung. Die einmaligen Kosten beziffert der Hotelier mit rund 2000 Euro, die monatlichen Kosten mit 500 bis 700 Euro.

Der Nutzen für den Hotelier entstand vor allem durch die Berichterstattung über das Hotel in der virtuellen Welt. Den Werbewert der Medienberichte beziffert Wolfgang Burgschwaiger mit rund 100.000 Euro.

Aber die eigentlichen wirtschaftlichen Erwartungen erfüllten sich nicht: Die Präsenz in Second Life brachte dem Wellnesshotel in Dienten im Salzburger Land nach eigenen Angaben keine zusätzlichen Gäste. Daher sperrt Hotelier Burgschwaiger das virtuelle Hotel zu: Der Medienhype ist abgeflaut; Second Life meldete im April 2007 zwar eine Million neue User - aber nur 100.000 User sind auch nach einem Monat noch aktiv; vor allem wollen ist Second Life für die User kein Ersatz für die echte Welt - sie wollen sich in Second Life vor allem unterhalten.

Hotelier Burgschwaiger wird sein virtuelles Hotel nach nur wenigen Wochen wieder zusperren, auch wenn er am Ende seines Vortrags eine Prognose der Gartner Group nannte: "„80 % aller aktiven Internet-Nutzer werden im Jahr 2011 eine zweite virtuelle Identität wie in Second Life besitzen."

Mittwoch, März 07, 2007

Sidestep: Offene Bildung im/mit dem Web 2.0

Heute geht es nicht um Journalismus im eigentlichen Sinn, sondern um Bildung. Besser gesagt, um eine Veranstaltung zum Thema selbst gesteuertes, lebenslanges Lernen von offenen Lehr- und Lerninhalten aus dem Internet, von Open-Source basierter Lern- und Wissenssoftware und von "Common Good" Lizenzen.

Es geht um die 3. EduMedia Fachtagung, die von der Landesforschungsgesellschaft "Salzburg Research" am 16. und 17. April 2007 im Bildungshaus St. Virgil in Salzburg veranstaltet wird. Das gesamte Programm ist hier abrufbar.

Die Einladung zu dieser Veranstaltung steht auch deshalb hier, wiel ich am ersten Tag ab 19.00 Uhr die Ehre habe, eine Podiumsdiskussion zum Thema "Freie Information, Wissen und Kreativität im Web 2.0" zu moderieren.


Sonntag, Februar 25, 2007

Zukunft der Medien - eine wirtschaftliche Perspektive

TIME hat Zukunft. TIME ist das Akronym für Telekommunikation, Internet, Medien, Entertainment. Weil die Geschäftsmodelle von Unternehmen in diesen Branchen so stark in Abhängigkeit geraten, dass sie miteinander verschmelzen. Das sagte Stefan Jenzowsky, seit Beginn des Jahres Unternehmensberater, am 15. Februar 2007 beim Journalisten-Update des Kuratoriums für Journalistenausbildung in Salzburg.

Sein Leitthema an diesem Abend war die Frage, wie Unternehmen auf neue Trends reagieren. Am Beispiel der TelCos untermauerte Jenzowsky sein TIME-Szenario: Im Kerngeschäft, der Telefonie, geht der Innovationsdruck in Richtung selbe Technologie zu geringeren Kosten. Sykpe mit dem Versprechen, zumindest innerhalb des Internets kostenlos zu telefonieren, ist ein treibender Motor. Daher müssen die TelCos einen für sie neuen Bereich erschließen, der Wachstum verspricht. Sie setzen auf Content. Jenzowsky zitierte eine Marketingvorschau von O2, die dem Bereich Content die größten Wachstumszahlen in den kommenden Jahren zuordnet. 2006 gaben Handy-Besitzer in der EU 2,11 Milliarden Euro aus, um Musik aufs Handy zu laden. Klingeltöne und immer öfter komplette Musikstücke.

DVB-H, Fernsehen über tragbare Endgeräte; IPTV, Fernsehen über Internet; PVR, der persönliche Videorecorder, der sich die Vorlieben seines Benutzers merkt und ihm nebenbei noch störende Werbung aus der Festplattenaufnahme entfernt – DVB-H, IPTV und PVR sind Synonyme für die TIME-Fusion aus der Perspektive des klassischen Fernsehens. Die technisch unbegrenzte Kanalvielfalt, die Erosion des klassischen Geschäftsmodells der Unterbrecherwerbung, Video On Demand als Konkurrent zum zeitlich unbeeinflussbaren TV, werden dramatische Konsequenzen für das herkömmliche Fernsehen nach sich ziehen.

Fernsehen als Live-TV wird weniger Einschaltungen bei der Unterbrecherwerbung mit mehr Product Placements, mehr werbefinanzierten Programme und interaktiven Spielen sowie Gebühreneinnahmen aus Call-In-Sendungen kompensieren müssen. Stefan Jenzowsky nennt Gaming als eines der am stärksten wachsenden Geschäftsfelder: Bis 2010 werde der Umsatz, den männliche und weibliche Gamer weltweit weltweit generieren, 500 Millionen Euro übersteigen.

Zusätzlich müsse das Fernsehen neue Formate forcieren. Zum Beispiel Interaktivität für konventionelles Fernsehen auf Basis von hybriden Settopboxen, die klassisches Fernsehen empfangen und einen leistungsfähigen Rückkanal über Wireless-Netzwerke und Breitbandanschlüsse ermöglichen. Oder Community TV mit Möglichkeiten zum Chat, wie es bereits in Belgien ausprobiert wird.

Dienstag, Februar 06, 2007

Die Rolle des Journalismus in der neuen Medienwelt

Es war eine illustre Runde von gut zwei Dutzend Kommunikatoren, die sich am 5. Februar beim monatlichen Treff der k_runde in den Räumlichkeiten der IKP in der Salzburger Alpenstraße eingefunden hatten. Das Thema lautete "PR 2.0", eine Chiffre für die Nutzungsmöglichkeiten von Web 2.0 für die Öffentlichkeitsarbeit.

Nach dem Vortrag von DI(FH) Martin Ortner über die Tools und deren Einsatzbereiche durfte ich einige Anmerkungen - na ja, es wurde dann doch fast eine halbe Stunde - über die neue, digitale Medienwelt und die Herausforderungen für den Journalismus anbringen:

"Digital community statt vordigitaler, breiter Öffentlichkeit; aktiver Konsument statt passiver Rezipient. Die neuen technologischen Möglichkeiten haben das Medien nutzende Individuum aus seiner Rolle als Teil des heterogenen, dispersen Publikums befreit. Der Journalist und all jene, die zu seiner Arbeit beitragen, sehen sich mit geänderten Rahmenbedingungen konfrontiert. Die gute Nachricht ist, dass die handwerklichen Fähigkeiten des Journalismus wie Selektion, Recherche und Informationsaufbereitung weiter gefragt sein werden, umso mehr, als die weiter zunehmende Informationsflut die Rezipienten zu ertränken droht. Die schlechte Nachricht ist, dass die journalistischen Kompetenzen in einem völlig neuen Umfeld eingesetzt werden müssen und sich die Medienunternehmen nicht nur in diesem Land offensichtlich (noch) sehr schwer tun, die eingefahrenen massenmedialen Gleise zu verlassen."

Zugegeben, diese Zusammenfassung hat ausgesprochenen Reizwortcharakter. Daher habe ich die Punktuationen meiner Gedanken zum Thema in diesem Dokument zusammengefasst.